Eigentlich bin ich schon fast zu spät dran, um über dieses Thema zu informieren, da die RSV- Saison dieses Jahr schon im Sommer begonnen hat. Normalerweise sehe ich als Kinderarzt in München die ersten kranken Säuglinge und Kleinkinder mit diesem Virus erst im Spätherbst. Dieses Jahr hatte ich die ersten Fälle bereits im Frühsommer in meiner Kinderarztpraxis.
Die meisten Kinder machen eine Infektion mit RSV bereits in den ersten Lebensjahren durch. Das Immunsystem lernt den Virus kennen und schützt die Kinder bei weiteren Infektionen vor schweren Verläufen.
Da unsere Kinder in den letzten 1,5 Jahren - aufgrund der Maßnahmen der Corona-Pandemie - dem Virus weniger ausgesetzt waren, gibt es jetzt deutlich mehr Kinder, die noch ungeschützt sind und sich erstmalig infizieren.
Ob die RSV-Saison dafür schon früher im Winter wieder abflacht oder wie üblich bis in den Frühling hineinreicht, steht noch in den Sternen. Meine kinderärztlichen Kollegen berichten mir seit Wochen von überfüllten Notaufnahmen und Kinderstationen und damit einhergehenden Überlastungen des Personals und unzumutbaren Zuständen für die Patienten und deren Eltern.
Was ist RSV? Was ist eine Bronchiolitis?
Der Respiratory-Syncytial-Virus verursacht bei Säuglingen typischerweise eine Bronchiolitis.
Eine Bronchiolitis ist eine Entzündung der Bronchiolen. Wenn man sich die Lunge als umgekehrten Baum vorstellt, handelt es sich dabei um die kleinsten Verästelungen der Baumkrone. Eine Bronchiolitis kann auch durch andere Erkältungsviren ausgelöst werden, am häufigsten ist jedoch RSV. Bronchiolitiden bei Kindern über 2 Jahren sind rar.
Infektionen mit RSV sind im Kindesalter weitverbreitet und sind eine der häufigsten Ursachen für Krankenhausaufenthalte. Meistens verlaufen sie jedoch mild.
Zu welchen Symptomen führt eine Bronchiolitis?
Initial haben die betroffenen Säuglinge und Kleinkinder nur Schnupfen und Husten.
Es wird Schleim in den Bronchen und Bronchiolen gebildet, der Schwierigkeiten beim Atmen bereitet. Die Säuglinge atmen angestrengt, sie müssen viel Atemarbeit aufwenden, sichtbar durch Einziehungen der Haut im Bereich des Brustkorbes, Nasenflügeln, einer schnellen Atmung und Geräusche beim Ausatmen. Trinken wird zunehmend anstrengend, Trinkverweigerung ist ebenso ein typisches Symptom einer Bronchiolitis.
In der Regel haben die Säuglinge nur wenig Fieber. Der 3./4. Tag der Infektion ist der heftigste.
Wann muss ich mit meinem Kind zum Arzt und was wird untersucht?
Wenn ihr Baby oben genannte Symptome zeigt, muss es schnellstens zum Kinderarzt. Die Diagnose einer Bronchiolitis kann durch die körperliche Untersuchung gestellt werden. Ein Abstrich kann gegebenenfalls erfolgen, ändert jedoch die Therapie nicht. Ein Röntgen der Lunge ist in der Regel nicht sinnvoll.
Welche therapeutischen Maßnahmen gibt es?
Bislang gibt es keine ursächliche Therapie. Das Kind muss die Infektion selbst bekämpfen, meist ist das zuhause möglich. Die Eltern können ihr Kind unterstützen, indem sie die Nase mithilfe von Kochsalzlösung und einem Nasensauger freihalten (Babys atmen nicht durch den Mund). Auch Inhalationen mit Kochsalz können unterstützend eingesetzt werden.
Auf eine ausreichende Trinkmenge und Miktion muss geachtet werden.
Keine Hustensäfte verabreichen, sie sind für Säuglinge nicht zugelassen! Auch bei der Verwendung von ätherischen Ölen in Form von Balsam oder Inhalaten ist Vorsicht geboten, achten Sie bitte auch darauf, ab welchem Alter sie zugelassen sind.
Inhalationen mit Bronchodilatatoren (z.B. Salbutamol) oder Kortikosteroiden haben bei kleinen Säuglingen in Studien keine Wirkung gezeigt, da sie in den kleinen Bronchiolen nicht ankommen. Die Krankheitsdauer wird nicht verkürzt. Auch wegen der Nebenwirkungen, wie z.B. einer erhöhten Herzfrequenz, sollten sie vermieden werden. Bei älteren Säuglingen oder Kindern kann dies in manchen Fällen jedoch helfen.
Wann muss mein Kind ins Krankenhaus?
Wenn es in der Untersuchung durch den Kinderarzt deutliche Zeichen einer Atemnot gibt (Nasenflügeln, Einziehungen), die Sauerstoffsättigung unter 93% liegt und das Trinken verweigert wird.
Bei kleinen Säuglingen kann eine RSV Bronchiolitis zu einem Atemstillstand führen, so dass eine stationäre Behandlung mit oben genannten Symptomen dringend notwendig ist.
Im Krankenhaus kann die Sauerstoffsättigung ihres Kindes durch einen Sensor überwacht werden. Bei Bedarf erhält es dann Sauerstoff über eine Nasenbrille, ggfs. braucht es auch mehr Atemunterstützung durch die Zufuhr von Luft (flow) oder CPAP. Um eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu gewährleisten, bekommen die meisten Säuglingen Infusionen.
Welche Kinder haben ein erhöhtes Risiko für schwere Bronchiolitiden?
Das Risiko an einer schweren Bronchiolitis zu erkranken, betrifft v.a. Frühgeborene, Kinder mit angeborenen Herzfehlern oder chronischen Lungenerkrankungen, Immundefekten oder neuromuskuläre Erkrankungen.
Was sind allgemeine Risikofaktoren?
Ein erhöhtes Risiko besteht für Säuglinge unter 6 Monaten, Mehrlingsgeburten, Säuglinge mit männlichem Geschlecht, Geschwisterkinder im Kleinkindalter, bei Betreuung in einer Krippe und Unterernährung.
Wie kann eine Bronchiolitis vermeiden werden?
RSV wird in erster Linie als Tröpfcheninfektion übertragen. Nasenschleimhäute und Bindehäute sind Eintrittspforten. Eine Übertragung ist auch indirekt über Hände, Oberflächen oder Gegenstände möglich. Präventiv wirksam ist eine sorgfältige Händehygiene.
Passivrauch erhöht das Risiko einer Bronchiolitis. Auch das Stillen im ersten Lebensjahr gehört zu den präventiven Maßnahmen. Kinder mit hohem Risiko sollten größere Personenansammlungen und Krippen meiden.
Bei Risikopatienten (<35 SSW im ersten Lebensjahr, Frühgeborene mit Lungenerkrankungen, Kinder mit hämodynamisch relevanten Herzfehlern) kann eine passive Immunisierung mit Palivizumab (monoklonale Antikörper) erfolgen.
Eine aktive Impfung gegen RSV ist noch nicht verfügbar.
Was können die Spätfolgen einer RSV-Bronchiolitis:
Als Langzeitfolgen sind wiederkehrende Bronchitiden beschrieben, sowie eine länger anhaltende erhöhte bronchiale Überempfindlichkeit.
Ich hoffe, dass ich mit diesem Beitrag vor allem Fragen von Ihnen, den Eltern oder Angehörigen beantworten konnte.
In meiner privatärztlichen Kinderarztpraxis in München biete ich eine umfassende Untersuchung, Beratung und Behandlung für Privatpatienten und Selbstzahler an. Meiner Kollegin und mir liegt der Schutz unserer kleinen Patienten sehr am Herzen. Hygienemaßnahmen erfolgen konsequent und Wartezeiten werden vermieden.
Bei Bedarf biete ich auch Hausbesuche an. Sie können mich- auch am Wochenende- unter dieser Telefonnummer erreichen: 0176 70837422
Dr.med. Esther Renoirte, Kinderarzt in München
Comments